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Was ich zu meiner Zeit als Student gern gewusst hätte

Ein kurzer, philosophischer Ausflug.

6/17/20251 min read

palm trees covered with fog

Ich hätte gern gewusst, dass Unsicherheit kein Zeichen von Schwäche ist, sondern der Beginn jeder echten Erkenntnis. Dass es normal ist, sich klein zu fühlen vor einem weißen Blatt, einem unverständlichen Aufsatz oder einer Professorin, die scheinbar mühelos zwischen Kant, Foucault und empirischer Sozialforschung springt. Ich hätte gern gewusst, dass niemand mit einem fertigen Denkgerüst geboren wird. Dass Wissenschaft kein elitäres Geheimwissen ist, sondern ein langer, oft unbequemer Prozess des Fragens, Zweifelns, Verwerfens und Neuformulierens. Damals glaubte ich, man müsse vor allem klug klingen – mit Fremdwörtern, Fußnoten, festen Formulierungen.

Heute weiß ich, dass die besten Texte nicht diejenigen sind, die am gelehrtesten wirken, sondern jene, in denen sich jemand ehrlich auf ein Problem eingelassen hat. Ich hätte gern gewusst, dass Fehler Teil der Methode sind. Dass es keine Schwäche ist, Hilfe zu suchen – im Gegenteil. Dass jedes gute Gespräch, jede kritische Rückfrage, jeder Zweifel an der eigenen Argumentation ein Geschenk ist, kein Hindernis.

Ich hätte gern gewusst, dass das Streben nach Perfektion oft eine gut getarnte Angst ist. Dass ein unvollständiger Gedanke, ausgesprochen, mehr bewirken kann als ein perfekter Satz, der nie geschrieben wurde. Ich hätte gern gewusst, dass man sich nicht in Texten verlieren muss, um sich selbst zu finden. Dass es keine Schande ist, wenn eine erste Version schlecht ist – sondern ein Anfang. Dass man nicht alles allein können muss, nur weil das System es verlangt. Ich hätte gern gewusst, dass die Fähigkeit, zu schreiben, keine Frage von Talent ist, sondern von Geduld, Präsenz und Übung. Dass man schreiben lernen kann wie man sprechen lernt: tastend, nachahmend, wachsam für das, was zwischen den Zeilen liegt.

Ich hätte gern gewusst, dass wissenschaftliches Arbeiten nicht bedeutet, die Welt zu erklären, sondern sich in ihr zurechtzufinden. Ein Stück Wahrheit aufzudecken, ohne zu behaupten, die ganze zu kennen. Ich hätte gern gewusst, dass die wichtigste Quelle nicht immer in der Bibliothek liegt, sondern oft im eigenen Denken, in der eigenen Geschichte, in der Frage: Warum interessiert mich das überhaupt? Und schließlich hätte ich gern gewusst, dass es am Ende nicht um Noten geht. Nicht um Seitenzahlen, nicht um Formalia, nicht um Lob. Sondern darum, den eigenen Kopf zu gebrauchen, ohne sich dafür zu schämen. Einmal wirklich zu denken. Und daran zu wachsen.